Hochgekrempelt der Kragen, festgeschnürt der Mantel, sitzend auf der Bank der verlassenen Bahnhofsmitte. Wie vergessen, flackert aus verrosteten Lampen spärlich noch das Licht. Wieviel Zeit ist vergangen – die Zeiger der Uhr sind abgefallen; keine Stunde, die mehr schlägt.
Zerbrochene Gleise: hinter mir die Ankunft des Vergangenen, vor mir das, welches in die Zukunft trägt.
Wird der Zug je kommen? Nein, er ist umgeleitet worden, hin zu unruhigen Zielen.
Starr bleibe ich zurück, mit der Lüge und der Wahrheit in dieser Mitte, hineingefallen in eine stille, zeitlose Welt. Über mir das morsche Dach; gibt mir den Blick frei in eine kristallene Sternennacht – Klarheit bescheint meine Sinne. Frischer Wind kühlt mein Gemüt und voll des schmerzlichen Glücks lehne ich mich befriedigt zurück; die Wüste der Verlassenheit umspült ein Lächeln meine Lippen. Was gestern ankam ist morgen wieder verschwunden. Stolz empfanden einst die Erbauer über den Bau, in dem ich sitze. Nun ist er zerbrochen und die Gleise führen nirgendwo mehr hin. Die Hoffnung ist die Niederlage des Augenblicks.
(inspiriert v. Eisscherbens „einsamen Bahnsteig“)
Love it! ❤
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Heute beschlossen, die mich umzingelnden Spießbürger zu ignorieren. Das glaubt mir keiner, aber die spülen ihre Mülltonne nach der Leerung noch mit Wasser aus. Was mir zu deinem Text einfällt, in welchem ich mich wiederfinde, ist dies, dass ich viele Blogs, viele Storys lese. Bei dir ist etwas anders und das macht deine Wort für mich interessant: Deine Persönlichkeit scheint in deiner Sprache durch und ich würde dich – muss aber zugeben, dass ich Germanistik auf dem zweiten Bildungswege studiert habe – unter hundert Texten herausfinde. Da ist eine tiefe Menschlichkeit, ein tiefes Verstehen der Zusammenhänge des Lebens und eine Liebe und das ist es, was ich mag: Diese Liebe, die immer durchscheint auch beim Betrachten eines Bahnhofs, der stillgelegt ist. Eine Schwermut fällt mir auf, die den Bahnhof ohne Worte in Vergangenheit versetzt und das Bild erscheint, wo hier Züge hielten und Menschen in raschen Schritten eilten. Die Vergänglichkeit alles Seins ist auch dein Thema und die Trauer darüber. Du bist ein origineller Dichter und Schriftsteller und ich bin froh, dass ich dich als Mensch hier getroffen habe. Wenn ich wieder bei Kasse bin, werde ich mir dein Buch bei Amazon bestellen, aber meine Bank macht mir zur Zeit Probleme: Da vergeben sie nen Dispo und dann streichen sie ihn wieder und setzen einem die Klinge an den Hals .. Aber das ist nur ein temporäres Problem, mit dem ich zu kämpfen habe. Dir einen schönen Tag, PP 🙂
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Oh, vielen Dank, für Deine Komplimente und für das viele Lob … Aber nein, die Vergänglichkeit ist nicht traurig – allenfalls melancholisch – besinnt sich auf den Augenblick. Auch wenn ich schrieb, dass die Hoffnung die Niederlage des Augenblicks ist, so lehne ich die Hoffnung als solches nicht ab. Nur: wenn ich hoffen MUSS, ist der Augenblick irgendwie zerstört. Wenn ich bessere Zeiten erhoffe, ist es nicht die jetzige Zeit, die ich als angenehm empfinde – das ist dann eben „die Niederlage des Augenblicks.“
So dann HOFFE ich, dass Dein Dispo wächst, besser noch, dass Du ihn nicht gebrauchen wirst. Sollte ich Dich mal treffen, drücke ich Dir das Buch einfach mal in die Hand. Ciao, Kadee
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